Bei dieser Erkrankung führen entzündliche Prozesse zu einer chronischen Auflösung der Zahnwurzeln von Schneide-, Eck- und Hengstzähnen; die Backenzähne sind dabei seltener betroffen. Die durch die Auflösung des Zahnmaterials (Odontoclastic Tooth Resorption) werden die Oberflächen der Zahnwurzeln rauh und Bakterien können sich vermehrt anhaften. Das wiederum verstärkt die entzündlichen Prozesse noch. Die Erkrankung wird häufig sehr spät erkannt, da sie nicht sichtbar unterhalb des Zahnfleisches verläuft und optisch erst dann festzustellen ist, wenn sich eine massive Zahnfleischentzündung, Zahnfisteln und ggf. Zahndefekte zeigen.
Als Reaktion auf die Auflösung der Zähne versucht der Organismus die geschädigten Zähne zu reparieren, indem er Zahnzement um die Wurzeln herum aufbaut (Hyperzementose). Dabei zieht sich das Zahnfleisch zurück und es entstehen blumenkohlartige Gewebezubildungen an den Zahnhälsen, die optisch deutlich erkennbar und als EOTRH diagnostizierbar sind.
Im weiteren Krankheitsverlauf kann es zu weiteren massiven Umbauprozessen im Kiefer kommen und auch der Kieferknochen dauerhaft geschädigt werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt weisen die Pferde-Patienten aufgrund der Schmerzhaftigkeit eine deutliche Berührungsempfindlichkeit im Maulbereich auf.
EOTRH - Symptome und Krankheitsverlauf
Die Symptome von EOTRH sind zu Beginn der Krankheit unauffällig:
Probleme beim Fressen, v.a. beim Abbeißen harter Futtermittel (Möhren)
Berührungsempfindlichkeit am Maul
deutliche Zahnsteinbildung an den Schneidezähnen
das Trinken von kaltem Wasser wird als unangenehm empfunden
Alles Dinge, die auch bei schlechter Zahnpflege oder generellen Zahnproblemen festzustellen sind. Zu diesem Zeitpunkt ist die Krankheit noch nicht von außen erkennbar.
Unterhalb des Zahnfleisches schreitet die Krankheit jedoch schnell voran: Aktivierte Odontoklasten bauen Dentin, den Hauptbestandteil eines Zahnes, an den Zahnwurzeln ab und sorgen so für den Abbau der Zähne (Odontoclastic Tooth Resorption). Die ersten immer noch unspezifischen, jedoch eher zu bemerkenden Anzeichen kommen hinzu:
Irgendwann sind dann erste Hinweise auf EOTRH auch äußerlich an den betroffenen Zähnen erkennbar:
Rückgang des Zahnfleisches
geschwollenes, gerötetes Zahnfleisch
kleine rote Punkte, Fisteln und Abszesse im Zahnfleisch.
Zu diesem Zeitpunkt ist die Krankheit bereits weit fortgeschritten. Eindeutig diagnostizierbar wird EOTRH durch:
Allerdings gibt es auch eine Form von EOTRH, bei der die Zementzubildung entfällt. Diese Variante ist nur per Röntgenbefund diagnostizierbar.
Das Fortschreiten der äußerst schmerzhaften Krankheit geschieht innerhalb weniger Wochen und Monate. Bei anhaltenden Zahnschmerzen und unbehandeltem EOTRH kommt es zu:
Neben den unmittelbar mit den entzündlichen Prozessen im Pferdemaul verbundenen Symptomen, zeigen zahlreiche der betroffenen Pferde weitere Auffälligkeiten wie:
Ungleichgewichte des Vitamin- und Mineralstoffhaushaltes im Blut
Probleme mit Stoffwechsel/ Entgiftung
Abszessanfälligkeit, (z.B. Hufabszesse)
Störungen des Immunsystems.
EORTH - Diagnostik
Die Diagnose erfolgt durch das Ansehen und Abtasten der Zähne, des Zahnfleisches und Beurteilung der Schleimhäute zur Feststellung von Umfangsvermehrungen, das Auffinden loser Zähnen oder Eiterbildungen (Fisteln). Um eine sichere Diagnose stellen zu können und das genaue Ausmaß der Erkrankung abzuklären, sind oftmals Röntgenbilder der Schneidezähne erforderlich. Die Röntgenplatte wird dazu zwischen die Schneidezähne in die Maulhöhle gelegt. Dies ist im Allgemeinen nur unter einer Sedierung möglich!
EOTRH - schulmedizinische Therapie
EOTRH gilt derzeit als unheilbar. Der Schulmedizin ist es bislang lediglich gelungen, die Symptome zu lindern und die Krankheit zu verlangsamen, selten jedoch zu stoppen; die Degeneration der ist Zähne irreversibel. Um frühzeitig eine Erkrankung an EOTRH feststellen zu können, ist eine regelmäßige Zahnkontrolle – idealer Weise ein bis zwei Mal jährlich bei einem Pferdezahnspezialisten – dringend zu empfehlen.
Wird die Krankheit früh erkannt, ist es noch möglich, sie zu verlangsamen: Der Zahnstein wird entfernt und die betroffenen Schneidezähne werden deutlich gekürzt, um die Druckbelastung so gering wie möglich zu halten. Um die Durchblutung des Zahnfleisches zu fördern, seine Regeneration anzuregen und das Zahnfleisch vor Entzündungen zu schützen, kann eine regelmäßige Zahnpflege durch Putzen von Zahnfleisch, Zähnen und Zahnzwischenräumen helfen. Dies bringt auch noch in hochentzündlichen Stadien eine deutliche Erleichterung für das Pferd, setzt aber eine gewisse Schmerzunempfindlichkeit und den Gehorsam des Tieres voraus.
Ohne andauernden Erfolg wurden Antibiotika gegen die vorherrschenden Bakterien im Maulbereich eingesetzt; auch Cortisonspritzen in die Maulschleimhaut gegen die Entzündungen und Tildren-Infusionen für den Kalzium-Stoffwechsel blieben nachhaltig wirkungslos.
Im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit hilft leider nur noch das Ziehen der betroffenen Zähne. Inzwischen können die meisten Zähne unter Beruhigung und Sedierung ambulant entfernt werden, so dass es weniger Stress für die Pferde bedeutet und das Risiko gegenüber einer Operation unter Narkose deutlich reduziert wird. Es ist und bleibt jedoch ein heftiger und blutiger Eingriff, der den Pferdebesitzern einiges an Nervenstärke abverlangt, da die Zähne aufgrund der Resorption nicht immer an einem Stück gezogen werden können. Nach der Zahnentfernung müssen die Zahnlücken bis zur vollständigen Abheilung regelmäßig gereinigt und gespült werden, damit sich keine Futterreste in ihnen ansammeln.
Nach der Zahn-Extraktion klingen die chronischen Entzündungen und Schmerzzustände schnell ab, so dass schnell eine Verbesserung von Gesundheitszustand, Lebensqualität und Vitalität zu verzeichnen ist.
Früher wurden betroffene Zähne sehr schnell gezogen, um die Gefahr eines Übergriffes auf die umliegenden Zähne zu vermeiden. Dies konnte medizinisch jedoch nicht bestätigt werden. In den meisten Fällen ist irgendwann die Extraktion sämtlicher Schneide-, Eck- und ggf. auch Hengstzähne erforderlich, was jedoch zu einem dauerhaften Abklingen der Entzündungssymptome führt. Glücklicherweise hat sich gezeigt, dass die Pferde ohne Schneidezähne sehr gut klarkommen, so dass man sich hierüber keine Sorgen machen muss.
EOTRH – Ursachen
□ Von EOTRH sind in erster Linie ältere Pferde ab ca. 15 Jahren und Robustrassen wie z.B. Isländer oder Haflinger betroffen.
□ Die Ursache der Erkrankung ist bislang unbekannt; man geht jedoch davon aus, dass mehrere Faktoren zusammentreffen müssen, um die Krankheit auszulösen.
□ Zunächst vermutete man eine höhere mechanische Belastung des Zahnhalteapparates im Alter und unzureichende Kontrolle durch einen Zahnspezialisten. Dies hat sich jedoch nicht bestätigt.
Nicht ganz ausschliessen als Ursache kann man eine schlechte Durchblutung um die Zahnwurzeln herum, welche zu Nekrosen führen kann. Ferner gilt bislang – neben einer möglichen genetischen Disposition – eine bakterielle Infektion des Mundraumes als eine der wahrscheinlichsten Faktoren, die zu einem Ausbruch der Krankheit führen kann. Aber auch dies konnte bislang nicht spezifiziert werden.
Interessant ist, dass oft weitere pathologische Merkmale als zusätzliche Faktoren neben der Erkrankung mit EOTRH beobachtet werden:
der Großteil der betroffenen Pferde leidet zudem unter Stoffwechselstörungen und/ oder einem gestörten Immunsystem
erkrankte Pferde zeigen sehr oft Auffälligkeiten im Mineralstoff- und Vitaminhaushalt oder leiden unter Schilddrüsenerkrankungen, die bislang bei Pferden in der Veterinärmedizin noch negiert werden.
Zahnstein und Parodontose gehören zu den Zivilisationskrankheiten. Vergleicht man den Zusammenhang zwischen Zähnen und Organen, wie er bei den Menschen bekannt ist, so erhält man für Eck- und Schneidezähne als betroffene Organe tatsächlich Leber, Niere, Geschlechtsorgane (und Gallenblase) und als betroffene Drüsen Hypophyse, Nebennieren, Epiphyse und Keimdrüsen. Das ist ein deutlicher Hunweis darauf, dass die Ursache auch dort liegen kann oder auch weitere pathologische Störungen im Bereich des Stoffwechsels zu finden sind.
Durch die Berücksichtigung dieser möglichen Zusammenhänge und Vernetzungen können Auswirkungen von erkrankten Zähnen zu anderen Organen und Gewebesystemen abgeklärt werden. Wechselwirkungen kann es grundsätzlich in beide Richtungen geben. Das bedeutet: auch ein erkranktes Organ kann zu Beschwerden an den zugehörigen Zähnen führen. Die Zahn-Bezugszonen liefern einen wichtigen Aspekt, so dass die ganzheitliche Betrachtungsweise und sind in der Befunderhebung nicht mehr weg zu denken ist. Energetisch liegt auf jeden Fall eine Schwäche des Nieren- und Blasenmeridians vor.
Die langanhaltenden Entzündungen und zehrenden Schmerzen bei dr fortgeschrittenen EOTRH führen zu einer
erhöhten Produktion des körpereigenen Cortisons Cortisol, welches in der Regel Entzündungen hemmt, das überschießende Immunsystem dämpft, den Stoffwechsel aktiviert und den Stressabbau fördert.
Da der erhöhte Cortisolspiegel sich auf den gesamten Körper und nicht nur auf die betroffenen Zähne auswirkt, sind an EOTRH erkrankten Pferden häufig Cushing-ähnliche Symptome zu beobachten wie:
Müdigkeit und Leistungsdepression
erhöhte Infektanfälligkeit
Hufabszesse, Hufrehe
Muskelabbau und Abmagerung
Stoffwechselentgleisungen mit kreuzverschlag-ähnlichen Symptomen.
Ob gleichzeitig zum EOTRH ein ECD (Equines Cushing Disease) vorliegt, ist nur per Bluttest nachweisbar; aus den Symptomen können keine Rückschlüsse auf die vorliegende Erkrankung gezogen werden.
Ich denke bei EORTH in erster Linie an eine Stoffwechselstörung und an Übersäuerung. Die wichtigsten Organe bei der Regulation des Säure-Basen-Gleichgewichts sind die Nieren und die Lunge. Über die Nieren werden Säuren oder saure Stoffwechselverbindungen mit dem Urin ausgeschieden. Die Niere spielt also eine zentrale Rolle für die Regulation des Säure-Basenhaushaltes.
Damit sind wir aber auch wieder beim Futter. Wie beim Menschen ist auch bei Pferd und Hund die Ursache für Zahnsteinbildung die Übersäuerung, meist durch die Aufnahme von zuviel Zucker. Karies nimmt auch bei Pferden und Hunden in erschreckendem Ausmaß zu. Das müsste zu denken geben. Melasse, Mais und andere zuckerhaltige und zuckerbildende Futtermittel sind in fast jedem Hunde-, Pferde- oder Katzenfutter. Eine Übersäuerung des Speichels fördert die Bildung von Zahnstein. Aber auch ein gestörter Calciumstoffwechsel kann die Ablagerung von Zahnstein fördern.